Nach Stress und Angst zur Ruhe kommen – VORSICHT vor diesem gefährlichen Fehler!

Während stressigen und ängstlichen Phasen ist es wahrscheinlich dein größter Wunsch, endlich mal wieder zur Ruhe zu kommen. Wie diese Ruhephase erreicht wird, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Entspannungsübungen, Sport, eine Tasse Tee oder (wenn die Angst sehr ausgeprägt ist) oft auch Medikamente. Heute möchte ich dir den größten Fehler zeigen, den die meisten Menschen machen, wenn sie sich beruhigen wollen, wie du diesen Fehler verhindern kannst und wie du endlich wieder dauerhaft zur Ruhe kommst.

Bei vielen Menschen, die unter Stress, Angst oder Panik leiden, steht die Beruhigung im Vordergrund. Sie wollen sich beruhigen, um eine Art Verschnaufpause zu erlangen. Doch so nutzen sie nur einen Bruchteil des Potenzials, das diese Verschnaufpause mitbringt. Diese Beruhigung kann nämlich viel besser genutzt werden, denn sind wir mal ehrlich: Bei den meisten folgt auf so eine Ruhephase nach kurzer Zeit wieder das bekannte Chaos in Form von Stress- und Angstsymptomen. Somit gibt es zwar eine kurze Pause, aber keine nachhaltige Veränderung.

 

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So nutzt du die Beruhigung richtig

Du solltest die Ruhepause nicht als alleinstehendes Phänomen betrachten. In dieser Phase sollte etwas geschehen, was während Stress und Angst nicht möglich ist.

Was ich damit sagen will: Wenn du während der Unruhe zum Beispiel nicht in der Lage ist, ein Buch zu lesen oder etwas Neues zu lernen, was dir auf deinem Weg der Angstbewältigung hilft, dann ist die Phase der Ruhe genau der richtige Zeitpunkt dafür. Natürlich solltest du das Ganze nicht als Arbeit sehen, da du dich dadurch nur selbst unter Druck setzt.

Sieh das Ganze als Chance und nutze diese Chance sinnvoll.

 

Super Toy Race

Leser aus meiner Generation werden wahrscheinlich noch das Super Toy Race kennen. Für diejenigen, die nicht wissen, was das ist, hier eine kurze Erklärung: Ein Kind kriegt drei Minuten Zeit und darf mit einem leeren Einkaufswagen durch den Laden rennen und alles einpacken, was es will. Wenn das Kind dann im Zeitrahmen mit dem gefüllten Einkaufswagen durchs Ziel rennt, darf es alles behalten, was sich in diesem Einkaufswagen befindet.

Genau so sollte es während einer Ruhephase laufen. Während dieser Ruhephase musst du die Zeit sinnvoll nutzen, in dem du statt Spielsachen, neues Wissen in deinen “mentalen Einkaufswagen” legst. Eine Ruhephase, auf die keine Entwicklung oder nachhaltige Stressbewältigung folgt, ist so, als würdest du beim Toy Race nach drei Minuten mit leerem Einkaufswagen über die Ziellinie laufen.

 

Deshalb bringt dich kurzfristige Beruhigung nicht weiter

Kurzfristige Beruhigung zielt bei vielen Menschen nur auf Symptombehandlung ab. Sie wollen ihre einschränkenden Stresssymptome wenigstens für einen kurzen Moment loswerden. An eine nachhaltige Stressbewältigung denken dabei die Wenigstens. Es ist wichtig, dass du während der Beruhigung der Ursache deiner Unruhe auf den Grund gehst. Nur so kommst du auch wieder dauerhaft zur Ruhe.

In meinem YouTube-Video habe ich dazu noch einmal ein Modell gezeigt. Klicke hier, um zum Video zu gelangen.

Was bringen Entspannungsübungen wie zum Beispiel Muskelentspannung, wenn die Verspannungen ein Stresssymptom ist? Sobald die Ruhephase vorbei ist, die aus der Entspannungsübung entstanden ist, kommt es wieder zu Anspannungen, da die Ursache immer noch Stress auslöst.

Das ist so, als hättest du einen Splitter im Auge und würdest zur Lösung deines Problems ein Schmerzmittel nehmen. Das schafft den Schmerz zwar für einen kurzen Augenblick aus der Welt, sobald das Schmerzmittel nachlässt, kommt es aber wieder zu Schmerzen, da der Splitter immer noch steckt.

 

Eine gefährliche Illusion

Wenn du immer nur auf kurzfristige Beruhigung aus bist, während dieser Ruhephase aber nichts änderst, dann baust du eine Abhängigkeit auf. Denn so kommt es ja nie zu einer nachhaltigen Lösung deines Problems, sondern immer nur zu hintereinandergereihten Ruhephasen, die nur kurz anhalten.

Genau wie ein Heroinsüchtiger immer einen neuen Schuss braucht, um für eine kurze Zeit glücklich zu sein, brauchst du deine Ruhephasen, um glücklich zu sein. So entsteht schnell der falsche Eindruck, dass diese vorübergehende Beruhigung dein Ziel ist.

 

Fazit

Die Moral von der Geschicht’: Beruhigung sollte nicht dein Endziel sein. Beruhigung ist genau genommen erst der Anfang, denn während der Ruhephase fängt die (nachhaltige) Stressbewältigung erst an. Ab diesem Zeitpunkt kannst du das tun, was du während der Angst nicht tun kannst:

  • Dir neues Wissen aneignen
  • Reflektieren
  • Neue Stress- und Angstbewältigungsmethoden ausprobieren

 

Wenn du dich erfolgreich beruhigt hast, dann nutze diese Zeit sinnvoll und lass sie nicht einfach ablaufen. Denn so wirst du deinen Stress nicht nachhaltig los und sorgst im schlimmsten Fall noch dafür, dass du abhängig von diesen kurzfristigen Ruhepausen wirst.

 


 

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2 Comments

  • Rene

    Reply Reply 17. Oktober 2020

    Toller Blog und tolles Thema / Ausführungen von dir! und super, dass du dich engagierst, anderen mit deinen Erfahrungen zu helfen, André!!!

    Super, wie du das hier auf den Punkt gebracht..
    Ähnliches finde ich gültig für einige Konzepte, wie z.B. den “sicheren Ort”… zumal dies auch nochmal zusätzliche andere Nachteile bringt und sicher nicht aus der Opferrolle verhilft.

    vielleicht interessant in diesem Zusammenhang..
    Bei der (derzeit etwas veralteten) Methode der Systematischen Desensibilisierung nach Wolpe – dem Vorgänger der heutigen Konfrontationstherapie) wurde Angstexposition abgewechselt mit Entspannungstechniken, was gar nicht mal so unerfolgreich war…

    Ich würde noch nen Stück weiter gehen… Wenn wir uns z.B. Stresssymptome oder auch Ängste (in einer dysfunktionalen Art und Weise, weil Angst per se ja biologisch dem Überleben dient und wir laut Evolution im Grunde von “Angsthasen” abstammen *ggg*)als neuronale Netzwerke / Erregungsmuster vorstellen, dann bedeutet das Pause machen, die “Ruhe danach” im Grunde, dass sich das Netzwerk einfach nur geschlossen haben (wie man es von “Ablenkungstechniken, z.b. DBT-Skillset u.ä.)kennt…. Wie du bereits geschrieben hast, sollten wir die Ruhephase fürs Reflektieren nutzen bzw. die Probleme anschauen und ggf. neue Wege suchen.
    Die Verbesserungen können so einen Weg finden, obwohl das Problem durchaus auch hier besteht, dass sich die Angstnetzwerke ja durch die Pause geschlossen haben, was einer Verdauung/Integration dieser dann auch etwas im Weg steht…

    Noch besser finde ich (und so hab ich es z.b. bei den Klopftechniken immer wieder erlebt), wenn wir uns (akzeptierend im besten Fall) in die “Angst” (als Beispiel) begeben und GLEICHZEITIG eine Entspannung forcieren.. So kann das innerlich teils recht schnell verknüpft werden und sich die Angst schnell legen (bei isolierten Ängsten, bei generalisierten wird es etwas anders laufen müssen, aber im Grundprinzip ähnlich)…
    Laut Hirnforschung ist ja auch eine Erinnerung am fragilsten und quasi bearbeitungsfähig in dem Moment, in dem sie erinnert wird…
    Beim Klopfen kommt noch das gleichzeitige Vorgehen über Berührung hinzu.. Aber die Gleichzeitigkeit ist es, auf die ich hier hinaus wollte… Die ist dem “Erst dies, dann das” weit überlegen 🙂

    Wie du auch schreibst, dieses Pause haben wollen ist Teil des Problems.. Gefühle nicht haben, nicht fühlen wollen… Hier ist auch wieder die Akzeptanz das wichtige Thema 🙂

    Übrigens, interessant finde ich die Wirkhypothese (auch siehe Wolpes Systematische Desensibilisierung) der “Reziproken Hemmung”…
    Das scheint mir zu erklären, warum Ängste teils sich so schnell legen können.. Wenn wir über andere Kanäle (z.b. die sensomotorik, berührung, aber auch über akustische Kanäle oder sogar wie bei der EMDR über das Visuelle – Augenbewegungen, die z.B. der Hand des Therapeuten folgen)dem Gehirn die Rückmeldung geben, dass wir in “Sicherheit” sind (vgl. auch Polyvagaltheorie von Porges – sehr spannend!), während das Angstnetzwerk noch geöffnet ist, kann dieses sofort verändert werden… also die verknüpfungen quasi aktualisiert…

    (einer der gründe, warum wir beim Klopfen die Angst auch durch lautes Aussprechen, was nebenher auch der Akzeptanz zuträglich ist, währenddessen am feuern halten… also fazit.. diese leichte Unterschiede im Timing können enorm viel bringen….

    Werde hoffentlich bald auch nen Blog haben (schaue derzeit nach guten Gratisanbietern) und finde es toll, dass du sowas machst und von daher
    Hut ab!!!
    Und nun möchte ich dieses Thema gern mal bei Twitter teilen..
    DANKE!!!!

  • Anja

    Reply Reply 7. Februar 2021

    Vielen Dank André! Ich habe dich gestern entdeckt und lese fleißig und gucke Videos. Es ist etwa anderes, wenn man sich von jemandem verstanden fühlt,der der das auch alles mal hatte. Ich kann manche Therapien nicht nachvollziehen, wie beispielsweise Konfrontation. Ich bin hochsensibel, ich brauche das in möglichst kleinen Dosen, damit es klappt. Bei allem anderen dreht mein Hirn durch! Wenn man anfängt Gewichte zu heben, fängt man ja auch mit dem leichtesten an und nicht mit dem schwersten!
    Ich muss alles so geschickt harmlos einfädeln, dass mein Hirn immer brav mitgehen kann. Sobald die Hürde zu hoch erscheint, blockiert es in Sekundenschnelle und dann ist rum. Ich vergesse so vieles, aber tauchen vermeintlich “gefährliche” Dinge auf und der Affe in meinem Kopf haut wie bekloppt auf die Alarmtrommel!!!

    Ich war schon mal weiter mit meinen Ängsten, jedoch haben mir einige körperliche Erkrankungen jegliche Kraft für gute Gedanken geraubt. Krass, wie schnell die alten Programme in Sekundenschnelle wieder anspringen und dann nicht mehr gehen wollen.

    Liebe Grüße
    Anja

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