10 Gründe, warum es so schwer ist, eine Angststörung zu überwinden (und wie du es trotzdem schaffen kannst)

Fühlst du dich mal wieder, als wärst du am Ende deiner Kräfte angelangt?

Warum ist es eigentlich so verdammt schwer, eine Angststörung zu überwinden?

Ich möchte heute zehn meiner wichtigsten Beobachtungen aus sechs Jahren Angststörung mit dir teilen.

 

#1 Konfrontation ist unangenehm

Der vermutlich härteste Teil der Angstbewältigung ist die Konfrontation mit deinen Ängsten. Wenn ich sage, dass es sich schlimm anfühlt, ist das eine Untertreibung. Aber du kennst das Gefühl sicherlich selbst. Dein Körper wehrt sich mit jeder Zelle dagegen. Und genau aus diesem Grund konfrontieren so viele Menschen ihre Ängste nur kurzfristig oder gar nicht.

Aber wie kannst du deinem Gehirn anders klarmachen, dass es in dieser angsteinflößenden Situation nichts gibt, wovor du dich fürchten musst?

Konfrontation ist ein Lernprozess. Je öfter du konfrontierst, desto besser wird es. Bis es sich letztendlich wieder normal anfühlt. Das musst du dir klarmachen und auch bereit sein, in den sauren Apfel zu beißen.

Hinweis: Konfrontation kann natürlich nur etwas bringen, wenn du weißt, was du konfrontieren musst. Außerdem muss das Mindset stimmen. Wenn du dich durch Konfrontation durchgehend in deiner Negativität bestärkst, wird dir die Konfrontation im Endeffekt nichts bringen. Das Gegenteil ist der Fall.

Mögliche Lösung: Es ist zwar hart, aber wenn du weißt, wo die Ursache für deine Angst liegt, solltest du auch genau dort ansetzen und diese Ursache konfrontieren. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern bis es besser wird.

#2 Unsichtbare Erfolge

Konfrontation ist sehr hart und mit vielen Wiederholungen verbunden. Bei einer Angststörung lassen schnelle Erfolge meist auf sich warten lassen.

Beispiel: Ich war zu Beginn meiner Angststörung nicht mehr in der Lage, ohne Panikattacken Bus und Bahn zu fahren. Es hat mich wahrscheinlich 30-40 Wiederholungen gekostet, bis es deutlich besser geworden ist. Die ersten 15-20 Wiederholung haben jedoch gar keine merkbare Besserung mit sich gebracht. Sie sind trotzdem Teil eines positiven Prozesses gewesen. Bei einer Angststörung fühlt es sich oft so an, als würde man auf der Stelle gehen. Jedoch ist jeder Schritt ein Erfolg für sich, auch wenn dieser im ersten Augenblick nicht sichtbar ist.

Mögliche Lösung: mach dir bewusst, dass jeder Schritt, der dich nicht in deiner Negativität bestärkt, ein Schritt in die richtige Richtung ist. Das führt zu einer positiven Grundeinstellung, die dir auf deinem Weg gute Dienste leisten wird.

 

#3 Berg- und Talfahrt

Du kannst dir sicher sein, dass es auf deinem Heilungsweg zu Rückfällen kommen wird. Oft fühlen sich diese schlimmer an, als alles, was du davor erlebt hast. Davon lassen sich viele Menschen zurückwerfen und denken, dass sie wieder bei null anfangen.

Je mehr Rückfälle es gibt, desto weniger Motivation und Hoffnung besteht bei den Meisten.

Doch Rückfälle sind normal und Teil des Prozesses.

Auch wenn es sich so anfühlt, als würdest du rückwärts laufen, geht es im großen Ganzen bergauf, solange du am Ball bleibst und nicht resignierst.

Mögliche Lösung: du musst das große Ganze sehen. Sobald du einsiehst, dass Rückfälle ein Teil des Heilungsprozesses sind, werden sie nicht mehr soviel Macht auf dich ausüben. Rückfälle sind oft ein verzweifelter Versuch deiner Angst, deine Aufmerksamkeit zurückzugewinnen, weil sie merkt, dass du auf dem richtigen Weg bist.

 

#4 Angst im Unterbewusstsein

Wenn die Ursache deiner Angsterkrankung bekannt ist, hast du einen Fokuspunkt, an dem du ansetzen kannst. Problematisch wird das Ganze, wenn die Angst im Unterbewusstsein schlummert und sie aus dem Nichts zu kommen scheint.

Bevor du Arbeit in die Überwindung deiner Angststörung stecken kannst, musst du in diesem Fall erst einmal Arbeit investieren, um herauszufinden, wo das Problem überhaupt ihren Ursprung hat.

Mögliche Lösung: es gibt verschiedene Werkzeuge, die dir helfen können, in dein Unterbewusstsein vorzudringen und dort krankhafte Verhaltens- und Denkmuster aufzudecken, um dann mit ihnen arbeiten zu können.

Die gängigsten Werkzeuge sind zum Beispiel:

  • Hypnose
  • Journaling / Selbstreflexion
  • Bestimmte Yoga-Strömungen
  • Tiefenpsychologische Therapie
  • Traumatherapie

 

#5 Vermeidung

Flucht und Vermeidung können sich verdammt gut anfühlen. Es ist ein Gefühl der Befreiung, denn nicht selten verschwinden alle Symptome auf einen Schlag, sobald du dich aus der Situation zurückziehst oder dich im Vorfeld dazu entscheidest, diese Situation zu vermeiden.

Auch wenn du denkst und deine körperliche Reaktion dir versichert, dass du dir mit Vermeidung etwas Gutes tust, bewirkt Vermeidung oft genau das Gegenteil.

Je öfter zu eine Situation vermeidest, desto kleiner wird deine Komfortzone.

Irgendwann kannst du dann nicht einmal mehr vor die Haustür, ohne eine Panikattacke oder starke Angstzustände zu erleiden.

Vermeidung führt nicht nur dazu, dass du deine Ängste nicht konfrontierst. Vermeidung führt in den meisten Fällen dazu, dass du rückwärts gehst und deine Komfortzone immer kleiner wird.

Mögliche Lösung: Ich weiß, es ist leicht gesagt, aber das Gegenteil von Vermeidung ist nun einmal die Konfrontation. Nur mit Konfrontation kannst du verhindern, dass deine Komfortzone auf ein absolutes Minimum reduziert wird.

 

#6 Vernebelter Kopf

Es ist schon schwer genug, mit klarem Kopf gegen eine Angststörung anzugehen. Wenn jetzt noch stressbedingter “Kopfnebel” und Derealisation dazukommen, ist es fast unmöglich, einen ordentlichen Schlachtplan in die Welt zu rufen. Du brauchst einen klaren Kopf, um Zusammenhänge knüpfen zu können. Diese Zusammenhänge führen zu den benötigten “AHA-Momenten”, die absolut essenziell für deinen Heilungsprozess sind.

 

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Mögliche Lösung: da Derealisation ein typisches Stresssymptom ist, solltest du deine Grundanspannung in den Griff kriegen. Wenn deine Grundanspannung ein Level erreicht hat, welches den Kopfnebel verschwinden lässt, geht es ans Eingemachte. Denn dann kannst du dich mit deinen Ängsten beschäftigen. Mögliche Hilfsmittel auf dem Weg zu einer niedrigeren Grundanspannung können zum Beispiel sein:

  • Sport
  • Meditation
  • Yoga
  • Atemtechniken

#7 Angst und Symptome füttern sich gegenseitig

Je größer die Angst, desto stärker die Symptome. Problematisch wird es, wenn durch die Bewertung deiner Symptome noch mehr Stress ausgelöst wird. Durch diesen Stress wird die Angst gefüttert und du befindest dich in einer Abwärtsspirale, die unbedingt durchbrochen werden muss.

Mögliche Lösung: die beste Möglichkeit, das Bewerten zu verlernen, ist meiner Meinung nach ein Achtsamkeitstraining. Durch Achtsamkeit lernst du, nicht jeden Gedanken und jedes Gefühl zu bewerten, sondern bewertungsfrei wahrzunehmen. Wo keine negative Bewertung stattfindet, kann auch die Angst nicht gefüttert werden.

 

#8 Der Vergleich mit anderen Angstpatienten

Je verzweifelter du bist, desto eher neigst du dazu, dir Rat von anderen zu holen. Dazu gehören nun mal oft auch andere Angstpatienten. Im ersten Moment mag das nicht wie eine Bremse aussehen, aber ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen, dass genau das eine der größten Bremsen ist. Ein großer Teil der Angstpatienten besteht nämlich nicht aus positiv eingestellten, hoffnungsvollen Menschen, sondern aus Menschen, die oft schon lange resigniert haben. Und was können dir diese Menschen berichten?

Genau! Das es nicht möglich ist, eine Angststörung zu überwinden.

Glaub mir: es gibt nichts Demotivierenderes, als immer wieder zu hören: “Tja, damit musst du jetzt halt leben, denn das wird man nie wieder los.”

Je öfter du diesen Satz hörst, desto schneller wird er als vermeintliche Wahrheit in deinem Kopf gespeichert. Glaub mir einfach, wenn ich dir sage, dass es sehr wohl möglich ist, diese Störung hinter sich zu lassen. Das sage ich nicht nur aufgrund meiner eigenen Erfahrung. Ich habe auf meinem Weg eine Vielzahl anderer Menschen kennenlernen dürfen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Mögliche Lösung: das Wichtigste zuerst – verlasse alle negativen Facebook-Gruppen! Wenn du eine Gruppe suchst, die dich unterstützt und weiterbringt, dann schau mal hier vorbei.

Ansonsten bleibt zu sagen: Konzentriere dich auf dich selbst und deinen eigenen Heilungsweg. Jeder Mensch ist unterschiedlich und alles was dir gesagt wird, ist immer nur eine persönliche Meinung. Wenn dir jemand sagt, dass Etwas nicht möglich ist, ist das seine Meinung. Egal wer es dir sagt. Und damit kommen wir auch direkt zum nächsten Punkt…

 

#9 Zu viel Vertrauen in Ärzte

Oft ist der Gang zum Arzt die erste Unternehmung, wenn du merkst, dass etwas nicht so läuft, wie es eigentlich laufen sollte. Daran ist auch erst einmal nichts auszusetzen. Leider leben wir in einer Gesellschaft, in der sich die Meinung eines Arztes ein Siegertreppchen mit dem Wort Gottes teilt.

Aber mein Arzt hat gesagt…

Vielleicht mag es eine Neuigkeit sein, aber Ärzte sind auch nur Menschen und Menschen irren sich. Außerdem sollte man nie vergessen, dass Ärzte immer einen finanziellen Hintergedanken haben. Es ist nun mal ihr Beruf.

Wenn man also mit stressbedingten Erschöpfungserscheinungen zum Arzt geht und ohne großartige Untersuchung Chemiekeulen verschrieben kriegt, die stark abhängig machen, dann sollten alle Alarmglocken angehen. Ich würde ja gern sagen, dass das eine Seltenheit ist, aber allein in meinem direkten Umfeld habe ich mehrere Geschichten dieser Art gehört.

Es gibt ein Phänomen namens medical hexing. Es beschreibt einen “verfluchten” Zustand, der dazu führt, dass die Heilungschancen geringer werden, sobald man die Prognose eines Arztes als Wahrheit annimmt.

Mögliche Lösung: glaube der Diagnose, aber glaube nie der Prognose! Ein Arzt kann dir sicherlich sagen, WAS du hast, er kann dir aber nie sagen, WIE sich das Ganze entwickeln wird. Denn auch Ärzte sind keine Hellseher.

 

#10 Isolation

Wenn du ein vermeidendes Verhalten aufrechterhälst, kommst du irgendwann an dem Punkt an, an dem du dein Haus nicht mehr verlassen kannst und dich komplett von deiner Außenwelt isolierst.

Das Ergebnis: noch mehr Stress und dadurch gleichzeitig noch mehr Angst.

Mögliche Lösung: Du solltest alles in deiner Macht Stehende unternehmen, damit deine Komfortzone immer mindestens bis vor die Haustür reicht. Außerdem solltest du nahestehende Personen einweihen und den Kontakt aufrechterhalten. Wenn die Leute von deiner Krankheit wissen, bringen sie viel mehr Toleranz auf. Ausreden führen schnell dazu, dass der Kontakt von anderer Seite abgebrochen wird, da es rüberkommt, als wolltest du nichts mit diesen Leuten zu tun haben. Ehrlich währt am längsten!

 

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